Organspenden: Wie alt Spenderorgane sein dürfen – und wie Ärzte sie verteilen (2024)

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Organspenden: Wie alt Spenderorgane sein dürfen – und wie Ärzte sie verteilen (1)

Als Orville Allen Ende Mai stirbt, entscheidet seine Familie, dass Ärzte die Leber des 98-Jährigen einer 72 Jahre alten Frau einpflanzen dürfen. Dieser Fall aus den USA findet international Aufmerksamkeit, weil er Fragen aufwirft, etwa: Ist ein fast hundert Jahre altes Organ denn noch gut für eine Transplantation? Und wäre solch eine Organspende auch Deutschland möglich? Der Überblick.

Wie alt darf ein Organ für eine Transplantation sein?

Auch wenn der Fall aus den USA eine Ausnahme sein mag: Heutzutage könnten immer mehr ältere Erwachsene nach ihrem Tod Organe spenden, sagte Kevin Lee, Präsident der Transplantationsorganisation Mid-America Transplant. Transplantationsärzte sollten daher die medizinische Eignung jedes Einzelnen prüfen. Insbesondere die Leber sei widerstandsfähig und könne auch noch im hohen Alter transplantiert werden.

In Deutschland gibt es kein Höchstalter für Organspenden. »Entscheidend für eine Organspende sind der Gesundheitszustand der verstorbenen Person und der Zustand ihrer Organe«, heißt es bei der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Ärztinnen und Ärzte würden über die Eignung eines Organs immer im Einzelfall entscheiden. Häufig erhielten ältere Patientinnen und Patienten die Organe älterer Spenderinnen und Spender.

Kann ich auch Organe spenden, wenn ich noch lebe?

Grundsätzlich sind in Deutschland sogenannte Lebendorganspenden möglich. Sie sind aber laut Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung an strenge Voraussetzungen geknüpft, um medizinische Risiken für die Beteiligten zu vermeiden. Der Spender muss volljährig sein und der Spende zustimmen, Ärzte müssen bescheinigen, dass die Spende für den Empfänger geeignet ist.

Die Spende ist laut Gesundheitsministerium außerdem nur zulässig, wenn kein Spenderorgan eines verstorbenen Organspenders zur Verfügung steht. Von Lebenden könnten demnach Nieren oder Teile der Leber transplantiert werden. Sie dürften aber nur auf Verwandte ersten und zweiten Grades, Ehegatten, eingetragene Lebenspartner, Verlobte oder andere Personen, die dem Spender besonders nahestehen, übertragen werden.

Ich brauche ein Spenderorgan oder möchte Organspender werden – wo bekomme ich Hilfe?

Eine Übersicht über Selbsthilfegruppen für bereits Transplantierte oder Menschen, die noch ein Organ benötigen oder deren Angehörige, finden Sie hier. Ein Verein in Berlin setzt sich etwa für nierenkranke Kinder und Jugendliche ein und organisiert unter anderem Ausflüge.

Hier gibt es eine Übersicht über Transplantationszentren, an die sich Betroffene wenden können.

Einen Organspendeausweis können Sie hier kostenlos herunterladen oder nach Hause bestellen. Die Online-Plattform zur Registrierung für eine Organspende finden Sie hier.

Warum ist die Organspende wichtig?

8400 Menschen standen in Deutschland Stand 2023 auf Wartelisten für Organtransplantationen. 965 Menschen spendeten mindestens ein Organ. Nach Angaben des europäischen Eurotransplant-Verbunds benötigten Patientinnen und Patienten am häufigsten eine neue Niere (6500 Menschen). Auf eine neue Leber warteten etwa 870 Menschen, 690 hofften auf eine Herzspende. Der Bedarf kann verschiedene Ursachen haben: erblich bedingte Schäden, Stoffwechselerkrankungen oder auch Schäden nach einem Unfall. Mit Transplantationen kann die Medizin diesen Menschen helfen.

Organspenden: Wie alt Spenderorgane sein dürfen – und wie Ärzte sie verteilen (2)

Wie funktioniert die Organspende in Deutschland?

In Deutschland können Menschen sich für Organspenden registrieren. Damit ist für den Todesfall geklärt, dass Medizinerinnen und Mediziner ihnen Organe entnehmen dürfen, die dann Bedürftigen eingepflanzt werden. Hat ein Verstorbener zu Lebzeiten keine Entscheidung über seine Spendenbereitschaft festgehalten, müssen laut Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung die Angehörigen nach dem mutmaßlichen Willen der verstorbenen Person entscheiden.

Ist der Hirntod des Spenders festgestellt, untersuchen Mediziner, ob die Organe zur Transplantation geeignet sind. Sie dürfen kein Risiko für den Empfänger darstellen. Haben Ärzte das Organ entnommen, muss es zügig gehen. Da das Organ von der Sauerstoffversorgung abgeschnitten ist, muss die Zeit zwischen der Entnahme und der Transplantation möglichst kurz sein. Wer die Organspende erhält, wird mithilfe von Wartelisten entschieden. Entscheidend für die Auswahl des Empfängers sind die Dringlichkeit sowie die Erfolgsaussichten, Gewebemerkmale zwischen spendender und empfangender Person müssen nämlich möglichst übereinstimmen.

Nach der Transplantation durch ein zugelassenes Transplantationszentrum überwachen Ärzte den Erfolg der Spende, dann geht es vor allem darum, Abstoßungsreaktionen zu verhindern.

DER SPIEGEL

Wo muss ich mich registrieren, um Organe nach meinem Tod zu spenden?

Wer in Deutschland Organe spenden möchte, kann das schriftlich auf einem Organspendeausweis, in einer Patientenverfügung oder seit März online im Organspende-Register festhalten. Der Nachteil bei einer schriftlichen Erklärung: Papiere könnten verloren gehen oder im Ernstfall nicht zu finden sein. So argumentierte zumindest Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) bei der Einführung des Onlineregisters. Ein Eintrag im Register sorge für Klarheit und Sicherheit. Und er erleichtere es Ärztinnen und Ärzten, eine mögliche Spendenbereitschaft schnell und verlässlich zu klären. »Vor allem aber entlastet es Angehörige im Ernstfall von einer schweren Entscheidung«, so Lauterbach.

  • Wie das Organspende-Register im Detail funktioniert und wie es um die Sicherheit der Daten steht, lesen Sie hier

Kann ich entscheiden, welche Organe ich spenden möchte? Und welche nicht?

Ja, auf dem Organspendeausweis sowie im Organspende-Register können ohne Begründung Organe für eine Spende freigegeben oder ausgeschlossen werden. Die Entscheidung ist bindend – die Ärzte müssen den Willen des Spenders beachten und dürfen keine Organe entnehmen, die der Spender nicht freigegeben hat. Hat ein Verstorbener zu Lebzeiten schriftlich festgehalten, dass er gar keine Organe spenden möchte, müssen die Ärzte sich selbstverständlich auch daran halten.

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Ist nach einer Organspende noch eine würdevolle Beerdigung möglich?

Eine Organspende ist mit der Entnahme der Organe nicht abgeschlossen. Der Leichnam der Organspenderin oder des Organspenders soll nach der Entnahme auf einen würdevollen Abschied vorbereitet werden. Wunden würden verschlossen, Schläuche und Kanülen entfernt, heißt es bei der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Die Folgen der Organ- oder Gewebespende sollten nicht offensichtlich sein. Bei einer Augenhornhautspende gebe es etwa Augenprothesen aus Glas als Ersatz.

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Was ist aus der Widerspruchslösung bei der Organspende geworden?

Eine sogenannte Widerspruchslösung sieht vor, dass Menschen einer Organspende nicht mehr zustimmen müssen. Dann würde grundsätzlich jeder Mensch als Organspender gelten, außer er hat zu Lebzeiten widersprochen – oder einer der nächsten Angehörigen macht dies nach seinem Tod. Im Jahr 2020 scheiterte ein Anlauf, diese Lösung einzuführen, im Bundestag.

Nun setzen sich aber erneut mehrere Bundesländer für eine Änderung des Transplantationsgesetzes auf Bundesebene ein. Der Entwurf sieht die Einführung der Widerspruchslösung vor. Der Gesetzentwurf der Länder soll am 14. Juni im Bundesrat beraten werden. Beteiligt sind unter anderem Berlin, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein. Findet die Gesetzesinitiative eine Mehrheit im Bundesrat, muss sich der Bundestag mit ihr befassen.

ptz

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Author: Rubie Ullrich

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